A. D. Baum
Am 13. und 14. März 2000 traf sich die neutestamentliche Facharbeitsgruppe zu ihrer Frühjahrstagung im Theologischen Seminar der FEG in Ewersbach. Drei der fünfzehn Teilnehmer berichteten aus ihren Fachgebieten. Außerdem wurde über zwei Beiträge diskutiert, die für den zweiten Band des von Eckhard Schnabel und Heinz-Werner Neudorfer herausgegebenen Buches Studium des Neuen Testaments vorgesehen sind. Der Band soll im Sommer erscheinen.
Roland Deines präsentierte wichtige Grundsatzüberlegungen, die er in der Arbeit an seiner Habilitationsschrift zu Mt 5,13-20 ausgearbeitet hat. Er berichtete über die Rolle, die neuere literaturwissenschaftliche Ansätze (wie die Rezeptionsästhetik) in der jüngeren Exegese des Matthäusevangeliums spielen. Anschließend setzte er sich kritisch mit den hermeneutischen Voraussetzungen und Implikationen dieser Modelle auseinander. Die neueren literaturwissenschaftlichen Methoden enthielten durchaus zahlreiche hilfreiche Elemente. Andererseits würden sie aber der historischen Aussageabsicht der Evangelien nicht gerecht. Die Beschäftigung mit narrativen und rezeptionsästhetischen Interpretationsmodellen führt daher laut Deines zu der Erkenntnis, dass die klassische historische und exegetische (bzw. historisch-kritische) Methode unentbehrlich ist und bleibt.
Roland Gebauer stellte einige Überlegungen vor, die er zum Thema Charisma und Gemeindebau in einer Lehrveranstaltung am Reutlinger Seminar entwickelt hat und demnächst in einem Aufsatz publizieren wird. In der für ihn typischen Weise bewegte er sich mit seiner Thematik im Grenzbereich zwischen neutestamentlicher Forschung und praktischer Theologie. Er unterschied zwischen fundamentalem Gemeindeaufbau (Gemeindegründung), innerem Gemeindeaufbau (Förderung des geistlichen Lebens) und äußerem Gemeindeaufbau (Evangelisation). Zu diesen drei Bereichen erhob der den biblischen Befund, vor allem anhand von 1 Korinther 3 und 14. Charismatischer Gemeindeaufbau sei nach Paulus primär durch Prophetie und Lehre geprägt, während Phänomene wie die Glossolalie am Rande stünden. Anschließend wurde unter anderem darüber diskutiert, wie sich die neutestamentliche Prophetie einerseits zur alttestamentlichen Prophetie und andererseits zum neutestamentlichen Apostelamt verhält.
Eta Linnemann sprach zum Thema Wiederaufnahmeprozess zugunsten des Hebräerbriefs. Aufgrund der handschriftlichen Bezeugung, der Aussagen der Kirchenväter, des Stils, des Vokabulars und weiterer Argumente vertrat sie die These, dass der Hebräerbrief nicht als anonym gelten müsse, sondern sehr wahrscheinlich von Paulus verfasst sei. Der Grund für die anonyme Abfassung sei die ablehnende Haltung gewesen, mit der der Apostel bei seinen christlichen Adressaten in Palästina rechnen musste. In der lebhaften Debatte, die sich an den engagierten Vortrag anschloss, wurde auch diskutiert, ob der Begriff der Echtheit zur Bezeichnung eines anonymen Schreibens angemessen ist und welcher Zusammenhang zwischen apostolischer Verfasserschaft und kanonischer Anerkennung besteht.
Von Eckhard Schnabel lag der Facharbeitsgruppe der Entwurf für ein Kapitel zum Thema Die Verwendung des Alten Testaments im Neuen vor. Im Mittelpunkt dieses Beitrags steht eine Analyse der Schriftauslegung Jesu und der des Paulus auf dem Hintergrund der zeitgenössischen Exegese. Von Andreas Köstenberger stammte ein Beitrag mit dem Titel Vielfalt und Einheit im Neuen Testament zur neutestamentlichen Theologie. Über beide Vorlagen wurde intensiv diskutiert.
Einige der Teilnehmer waren zum ersten Mal dabei. Dadurch kam es neben der Auffrischung von alten auch zu neuen Kontakten. Das nächste Treffen wird am 21. und 22. September im Theologischen Seminar der EmK in Reutlingen stattfinden. Vielleicht werden in diese Tagung bereits einige der Verbesserungsvorschläge einfließen, die in einer kurzen Aussprache zum Konzept unserer Treffen gemacht wurden.
aus: Evangelikale Theologie Mitteilungen - ETM 6/1 (2000) Herausgeber: AfeT - Arbeitskreis für evangelikale Theologie |
|
22.07.2000 |