Eins in Christus – FEET Konferenz 2000

Thomas Scheiber

Ca. 50 Theologen waren aus ganz Europa zur 13. Konferenz der Fellowship of European Evangelical Theologians (FEET) angereist. Sie fand vom 18.–22. August 2000 im Neues-Leben-Zentrum in Wölmersen (Westerwald/ Deutschland) statt. Das Treffen stand dieses Jahr unter dem Motto: „Eins in Christus“. Es wurde in verschiedenen Referaten und Workshops unter unterschiedlichen Fragestellungen entfaltet. Viele dieser Fragen werden in Fachkreisen – aber nicht nur dort – seit längerem kontrovers diskutiert. Die Veranstalter der Konferenz haben den Mut bewiesen, sich diesen schwierigen Fragen zu stellen und einen Beitrag zu ihrer Beantwortung zu leisten.

Die Konferenz begann freitags mit einem Einführungsabend, an dem Vertreter aus verschiedenen Nationen die Möglichkeit hatten, über die Situation in ihrem jeweiligen Heimatland zu berichten. Diese Art der Berichterstattung wurde später auf der Konferenz noch fortgesetzt und bot manch überraschenden Einblick in die häufig sehr unterschiedlichen Lebens- und Arbeitssituationen der Konferenzteilnehmer aus Skandinavien, Ost- oder Südeuropa, den Niederlanden oder Ungarn.

Jeder neue Tag begann mit einer Bibelarbeit von Henri Blocher aus Frankreich zu Texten aus dem Propheten Jesaja unter dem Stichwort „Zion als Gottes Gemeinde“. Das erste Hauptreferat wurde am Samstag gemeinsam von Leif Andersen (Dänemark) und Pierre Berthoud (Frankreich) über ein unbequemes Thema gehalten, das selten aufgegriffen wird. Die beiden Referenten stellten ihre lutherische bzw. reformierte Sichtweise zum Thema „Häresie und Kirchenzucht – was sind die Grenzen der Toleranz innerhalb der Kirche?“ dar. Auf jedes der insgesamt sechs Hauptreferate der Konferenz folgte eine ausführliche Diskussion. Diese Diskussionen boten den Teilnehmern die Gelegenheit, eigene Anmerkungen zum Thema einzubringen bzw. die unterschiedlichen Positionen ausführlich zu erörtern. Dabei wurden aber oft auch überraschende Übereinstimmungen festgestellt.

Neben den Hauptreferaten, die alle Teilnehmer der Konferenz gemeinsam hörten, gab es Workshops, zu denen sich die Teilnehmer in kleinere Gruppen aufteilten. Fünf Workshops wurden auf der Konferenz angeboten: „Frauen in der Kirche“, „Allgemeines Priestertum der Gläubigen“, „Das Zeugnis von Christus innerhalb einer Landeskirche“, „Das evangelikale Zeugnis und der Vorwurf des Proselytismus“, „Parakirchliche Organisationen und die Kirche“. Bei diesen kontroversen Themen fiel manchem die Wahl schwer, aber jeder musste sich für zwei Workshops entscheiden, an denen er teilnehmen konnte. Noch mehr als die Hauptreferate boten diese Arbeitsgruppen im kleinen Kreis jedem die Möglichkeit, sich aktiv an der Diskussion zu beteiligen. Daneben gab es aber auch noch einen dritten Workshop, bei dem sich die Teilnehmer nach Fachbereichen trafen. In diesen Kreisen konnte einmal zum Ausgleich zu all den fächerübergreifenden Themen in Ruhe gefachsimpelt werden.

In den beiden Hauptreferaten am Sonntag ging es um das Verhältnis der Evangelikalen zur katholischen bzw. orthodoxen Kirche. Zunächst sprach Leonardo De Chirico aus Italien zum Thema „Evangelikale und die römisch-katholische Kirche seit Vatikan II“. Die Auseinandersetzung mit der Denkweise der orthodoxen Kirchen führte Paul Negrut aus Rumänien unter der Überschrift „Evangelikale und die orthodoxen Kirchen des Ostens: Kooperation oder Konflikt?“. Die Ausführungen der beiden Referenten vom Montag fußten auf ihren Erfahrungen in Deutschland. Es ging um Gegenwart und Zukunft der Freikirchen bzw. der Landeskirchen. Helge Stadelmann referierte zum Thema: „Die freikirchliche Tradition und die Zukunft des europäischen Christentums“. Gerhard Maier sprach über „Strategien für eine Landeskirche im Kontext der Säkularisation“. Ein weiterer Dauerbrenner in der zeitgenössischen Diskussion um die Kirche wurde am Dienstag von Max Turner aus England aufgegriffen. Sein Referat stand unter der Überschrift: „Die charismatische ewegung und die Kirche – Konflikt oder Erneuerung?“. Dieses ausgewogene Referat stellte mit Sicherheit einen gelungenen Abschluss der Konferenz dar.

Die Referate und Workshops boten den Teilnehmern der Konferenz die Möglichkeit, auch einmal über Fragen ins Nachdenken zu kommen, die nicht immer unmittelbar mit der eigenen Arbeit verbunden sind. In diesem Sinne diente die Konferenz der Erweiterung des eigenen theologischen Horizonts, dessen fachliche Verengung sich leider manchmal bei längerer Arbeit an einer bestimmten Themenstellung einstellt. Die Konferenz bot somit eine willkommene Abwechslung und hatte hoffentlich bei allen Teilnehmern zur Folge, dass sie wieder neu motiviert an die eigene Arbeit gingen. Der Wert der Konferenz bestand jedoch in viel mehr als allein in der Summe der Referate und Workshops. Die Planer der Konferenz hatten genug Raum für Gespräche und persönliche Kontakte gelassen. Es bestand die Möglichkeit, Theologen aus ganz Europa kennenzulernen, ihre Freuden, aber auch ihre Sorgen und Nöte mit ihnen zu teilen. In diesem Sinne war die Konferenz auch eine Kontaktbörse, die von den Teilnehmern rege genutzt wurde. Das Thema „Eins in Chrstus“ ist somit nicht nur in den Referaten und Workshops abstrakt behandelt worden, sondern die Teilnehmer konnten diese Einheit in Christus in ihrer Gemeinschaft auch unmittelbar und lebensnah erfahren. FEET 2000 war eine rundum gelungene Konferenz, die den Teilnehmern sicher wichtige Impulse für ihre weitere Arbeit vermittelt hat.

aus: Evangelikale Theologie Mitteilungen - ETM 6/2 (2000)
Herausgeber: AfeT - Arbeitskreis für evangelikale Theologie

15.06.2003
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