Herbert H. Klement
Der Johann-Tobias-Beck-Preis 1999 wurde am 7. September im Rahmen der AfeT-Studienkonferenz in Bad Blankenburg an Herrn Dr. Roland Deines für seine an der Universität Tübingen eingereichte Dissertation zum Thema: Die Pharisäer: ihr Verständnis im Spiegel der christlichen und jüdischen Forschung seit Wellhausen und Graetz verliehen (veröffentlicht: WUNT I/101. Tübingen: Mohr Siebeck, 1997).
Die Laudatio hielt der Neutestamentler Prof. Dr. Rainer Riesner, Dortmund. Er würdigte die Arbeit als einen wichtigen Forschungsbeitrag. Die große Bedeutung gerade der pharisäischen Bewegung für die entstehende neutestamentlich Gemeinde sei neu herausgestellt worden. Er hob drei Vorzüge der Arbeit besonders hervor.
Erstens diene bei Roland Deines Forschungsgeschichte der Klärung, nicht der Diffamierung. Dies sei gerade bei diesem Thema durchaus nicht immer zu beobachten gewesen. Roland Deines habe hier mit seiner Arbeit Maßstäbe für wissenschaftlichen Gerechtigkeitssinn gesetzt. Und diese Maßstäbe halte er ein für Forscher aller Richtungen und Konfessionen, für jüdische wie auch für christliche Forscher, bei aller unterschiedlichen und gegensätzlichen Ausrichtung in dem bearbeiteten Zeitraum.
Während manchmal, grob gesprochen, der Eindruck vorherrsche, dass man über die Pharisäer so gut wie nichts wisse, außer das alle kritischen Urteile über sie falsch seien, zeige die Arbeit von Roland Deines zweitens, dass sich bei antiken Quellen ein konservativ-kritischer Forschungsansatz bewährt. Alle Quellen zur Thematik seien ausschnitthaft. Roland Deines habe gezeigt, dass man in ihrer Zusammenschau gleichwohl ein historisch in großen Zügen plausibles Bild der Pharisäer zeichnen könne.
Und drittens bekenne sich Roland Deines ehrlich dazu, dass er seine judaistische Forschung als evangelischer Christ und Theologe betreibt. Er nehme also keine Scheinobjektivität in Anspruch, keine Position jenseits aller Positionen. Damit gebe er ein Beispiel dafür, dass solche Positionalität nicht bedeuten müsse, dass man andere Positionen nicht fair und wissenschaftlich angemessen würdigen könne. Zu solcher Fairness gehöre auch, dass er zeigt, dass auch jene judaistische Arbeit, die im Bereich der ursprünglich auf die Judenmission abzielenden Instituta Judaica angesiedelt ist, einen guten Ertrag gebracht hat. Und dass trotz oder gerade wegen ihrer konservativen, biblisch-theologischen Position Männer wie Franz Delitzsch, Hermann Lebrecht Strack oder auch Adolf Schlatter den Pharisäismus mindestens in manchen seiner Intentionen besser würdigen konnten als viele ihrer liberalen Kollegen.
Die Preisverleihung würdige diese Arbeit und solle auch als Ausdruck für die Hoffnung verstanden sein, weitere Arbeiten in gleicher Gründlichkeit und Ausrichtung zu erhalten.
In seiner bei der Preisverleihung gehaltenen Rede Pharisäer und Pietisten. Ein Vergleich zwischen zwei analogen Frömmigkeitsbewegungen entfaltete Roland Deines Parallelen in der Bedeutung der pharisäischen Bewegung für das Judentum und der des Pietismus für die christlichen Kirchen. Stärken und Schwächen, Verdienste und Gefährdungen kamen zur Sprache, manchmal in humorvoller, dann wieder in nachdenklich vorgetragener Weise. Der Vortrag wird nachzulesen sein im nächsten Jahrbuch für evangelikale Theologie (JETh 14, 2000).
aus: Evangelikale Theologie
Mitteilungen - ETM 5/2 (1999)
Herausgeber: AfeT - Arbeitskreis für evangelikale Theologie
22.12.1999 |