Joachim Schuster
AfeT was bedeutet denn das? Arbeitskreis für evangelikale Theologie? Na da können wir natürlich nicht mithalten! Somit war ich für die Mitarbeiterstunde in unserer Gemeinde entschuldigt und konnte am Seminar der Facharbeitsgruppe Altes Testament (FAGAT) vom 4.6. März in Hattingen teilnehmen. Vor mir lag ein gemeindefreundlich auf Sonntag Abend bis Dienstag Mittag verschobenes Wochenende mit 5 Referaten, eingebettet in ein enges Programm, das anscheinend keine tote Zeit zulassen wollte.
Mit mir waren 25 Teilnehmer aus 5 Ländern angereist, von Deutschland, Belgien und Holland bis nach Dänemark und Südafrika. Als Neuling war ich froh, auch bekannte Gesichter zu sehen. Es fiel nicht schwer, in der herzlichen und lockeren Atmosphäre ins Gespräch zu kommen und einander kennen zu lernen. Der freundschaftliche Umgang kennzeichnete auch die Referate und die Diskussion. Es hat mich beeindruckt, dass durchaus kritisch nachgefragt und kontrovers diskutiert wurde, die Diskussion dabei aber stets konstruktiv und brüderlich blieb.
In den Referaten berichteten zu etwa gleichen Teilen Promoventen von der Arbeit an ihren Dissertationen und Dozenten aus ihrer derzeitigen Forschung. In diesem Jahr standen weniger Spezialprobleme zur Diskussion, als vielmehr größere Überblicksfragen und Makrostrukturen.
Den Anfang machte Drs. Thomas Scheiber, der an der Theologischen Universität Appeldoorn (NL) über Israels Verhältnis zu Moab und Ammon arbeitet, mit dem Referat Israels Verhältnis zu den Völkern: Partikularismus und Universalismus. Anhand eines ausführlichen Forschungsüberblicks stellte er den Partikularismus als Gottes Akt der Erwählung Israels aus allen Völkern dem Universalismus als Gottes Herrschaft, Gericht und Heilshandeln für die Völker gegenüber. Beide Konzepte seien nach der neueren Forschung nicht als Gegensätze anzusehen, die auf unterschiedliche Phasen der theologischen Entwicklung Israels schließen ließen. Vielmehr sind sie nebeneinandern zu stellen, sie ergänzen sich und sind in einer alttestamentlichen Theologie nur zusammenzudenken.
25 Teilnehmer aus 5 Ländern |
Am folgenden Tag machte Prof. Dr. Hendrik Koorevaar (Evangelisch-Theologische Fakulteit Leuven/ Belgien) mit dem Thema: Durchdringen in das heilige Herz der Thora den Anfang. Er plädierte dafür, die Bücher Exodus bis Numeri als literarisch einheitliches Werk zu lesen. Die Einheitlichkeit sei ersichtlich durch Abgrenzungen nach außen und theologische Interaktionen innerhalb des Triptichons, durch einen einheitlichen geographischen Ort und durch einen ringförmig angeordneten Aufbau. In der Mittelstellung der Ringsstruktur finden sich die Reinheits- und Heiligkeitsgesetze mit dem großen Versöhnungstag (Lev 16) als Herz der Thora.
Nach dem Mittagessen, einer kurzen Mittagspause, einer recht kurzweiligen Geschäftssitzung und einem Kaffeetrinken führte Dr. Christoph Rösel von der SMD-Akademikerarbeit in Marburg mit seinem Referat Zur Redaktion der Psalter den makrostrukturellen Schwerpunkt weiter. Er skizzierte eine dreistufige Entwicklung im 5-Buch-Bestand des Psalters. Ausgehend von Ps 72,20 (Es sind zu Ende die Gebete Davids) identifizierte er einen Elohistischen Psalter (Ps 4283) als Grundbestand. Um diesen herum sei der Messianische Psalter enstanden (Ps 289; im Gegensatz zu den übrigen Psalmen finden sich hier u.a. fast durchgängig Namensangaben). In einer weiteren Phase sei dann das Buch mit 150 Psalmen in 5 Büchern geworden, das wir heute kennen.
Am Abend stellte uns Julius Steinberg (ETF Leuven/ Belgien) mit Die Ketuvim: ihr Aufbau und ihre Botschaft Überlegungen zur Abfolge der Ketuvim (Ruth, Ps bis Hld, Klg, Dan, Est bis Neh, Chr) vor. Der Vorgabe der Anordnung von Baba Bathra folgend entfaltete er aus den Bezügen zwischen den Büchern Ansätze einer theologischen Gesamtaussage der Ketuvim. Dabei identifizierte er mit Ruth/ Psalter und Chronika einen Rahmen um zwei parallele Buchreihen, einer Weisheitsreihe (Hiob, Spr, Pred, Hld) und einer Nationalen Reihe (Klg, Dan, Est, Esr/ Neh). Beide Reihen entwickeln jeweils auf einer persönlichen bzw. nationalen Ebene, wie Hingabe und Gehorsam aus Leid zur Freude führen.
Referate mit Diskussionen sowie Gespräche und... |
Den Abschluss der Referate bildete am Dienstag Prof. Dr. Herbert H. Klement (ETF Leuven/ Belgien) mit dem Referat Historische Horizonte der Interpretation des Jeremiabuches. Statt einer mehrschichtigen Literarkritik dieses Propheten plädierte er dafür, die im Buch selbst gemachten Angaben über die Schriftwerdung ernst zu nehmen. Die erste Verschriftlichung der prophetischen Verkündigung im 22. Dienstjahr sei verbrannt worden. Die nachfolgende Neufassung durch Baruch und das heutige Jeremiabuch, dass die prophetische Verkündigung der letzten 40 Jahre vor der Vernichtung des Jerusalemer Tempels beschreibt, sei jeweils mit der Zielgruppe der Gerechten im Sinne Jeremias zusammengestellt worden. Es sei zu erwarten, dass die je unterschiedlichen Zielhorizonte rhetorisch ihre Spuren bei der Zusammenstellung hinterlassen hätten. Auch die je sehr verschiedenen Textfassungen in der LXX- und MT-Tradition gingen möglicherweise bis in die erste Generation der Jeremiazeugen zurück und seinen mit textkritischen Mitteln allein kaum zu fassen.
...Austausch zwischendurch waren ermutigend für die eigene Arbeit. |
Mit dem Mittagessen endete eine sehr ausgefüllte und reiche Zeit in Hattingen. Ich empfand sowohl die Referate mit ihren Diskussionen als auch die Gespräche und den Austausch zwischendurch als sehr ermutigend für meine eigene Arbeit. Gestärkt und neu begeistert für das Alten Testament fuhr ich zurück in meinen Alltag und freue mich schon auf das zehnte FAGAT-Seminar vom 3.5. März 2002.
aus: Evangelikale Theologie Mitteilungen ETM 7/1 (2001) Herausgeber: AfeT Arbeitskreis für evangelikale Theologie |
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31.05.2001 |